Übermäßige Nähe oder emotionale Beziehung zu Künstlicher Intelligenz (z. B. Chatbots, virtuelle Freunde oder romantisierte KI-Avatare) kann bei Jugendlichen verschiedene psychologische, soziale und entwicklungsbezogene Auswirkungen haben. Hier sind zentrale Punkte:
Soziale Isolation
Jugendliche, die sich stark auf KI-Beziehungen einlassen, riskieren, reale soziale Kontakte zu vernachlässigen. Das kann ihre Fähigkeit zur Empathie, zur Konfliktlösung und zum Aufbau tragfähiger Beziehungen einschränken. Besonders problematisch wird es, wenn sie sich zunehmend aus Freundeskreisen zurückziehen und stattdessen viel Zeit mit einer virtuellen KI-Bezugsperson verbringen.
Verzerrtes Beziehungsbild
Da KI-Systeme häufig zustimmend, verständnisvoll und konfliktfrei reagieren, entsteht ein unrealistisches Bild davon, wie zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren. Jugendliche lernen dabei nicht, mit Ablehnung, Frustration oder emotionaler Komplexität umzugehen. Dies kann langfristig zu Schwierigkeiten in echten Partnerschaften oder Freundschaften führen.
Emotionale Abhängigkeit
Wenn Jugendliche KI nutzen, um mit Einsamkeit, Angst oder Stress umzugehen, kann eine emotionale Abhängigkeit entstehen. Die KI wird zur scheinbaren Vertrauensperson, was ihre Fähigkeit zur eigenständigen Emotionsregulation beeinträchtigen kann. Nicht selten äußern sie dann das Gefühl, „nur von der KI verstanden“ zu werden.
Identitätsentwicklung
In der Phase der Selbstfindung suchen Jugendliche Orientierung, auch durch Reibung und Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen. Eine KI, die sich stets anpasst und bestätigend reagiert, kann diesen wichtigen Entwicklungsprozess unterlaufen. Dadurch bleibt die Auseinandersetzung mit eigenen Unsicherheiten oder widersprüchlichen Impulsen oft aus.
Mangel an Schutz vor Manipulation
Jugendliche sind besonders anfällig für subtile Beeinflussung durch kommerzielle oder unregulierte KI-Systeme. Diese können etwa das Konsumverhalten oder politische Einstellungen gezielt beeinflussen. Wenn die notwendige Medienkompetenz fehlt, ist den Jugendlichen oft nicht bewusst, dass sie gelenkt werden – etwa durch personalisierte Inhalte oder emotionale Ansprache.
Digitale Scheinintimität
KI erzeugt durch schnelle, verständnisvolle Antworten oft den Eindruck echter Nähe. Viele Jugendliche verwechseln diese algorithmisch erzeugte Responsivität mit echter Zuwendung oder sogar Liebe. Doch da keine echte Gegenseitigkeit besteht, kann dies zu emotionaler Verwirrung und langfristig zu Bindungsschwierigkeiten führen – vor allem, wenn im realen Leben verlässliche Bezugspersonen fehlen.
Was kann unterstützend wirken ?
Hilfreich ist eine frühzeitige und altersgerechte Aufklärung darüber, wie KI funktioniert, wo ihre Grenzen liegen und wie sie wirkt.
Reale Beziehungen stärken
Wichtig ist auch, reale Beziehungen zu stärken – durch soziale Gruppenangebote, Peer-Projekte oder Vertrauenspersonen im Umfeld der Jugendlichen. Wenn sich bereits eine emotionale Bindung zur KI entwickelt hat, kann psychologische Beratung helfen, die dahinterliegenden Bedürfnisse zu verstehen und alternative Wege aufzuzeigen.
Einbindung von Angehörigen
Auch Angehörige – Eltern, Lehrkräfte oder andere Bezugspersonen – sollten sensibilisiert und eingebunden werden, damit sie Jugendlichen Halt geben und sie im Umgang mit digitalen Beziehungen begleiten können. Ebenso zentral ist der Aufbau kritischer Medienkompetenz, etwa durch Workshops oder begleitete Reflexionsangebote in Schule und Freizeit.